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Ich habe nun direkt nacheinander zwei Bücher über Ernährung gelesen, die widersprüchlicher in ihren Empfehlungen nicht sein könnten. Dr. Gregers „How not to die“ und Catherine Shanahans „Zellnahrung“. Während der Ernährungswissenschaftler Dr. Greger Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte propagiert und sehr stark in die vegane Richtung geht, rät die Ärztin und Biochemikerin Shanahan zu viel Tierischem und damit zu Low-Carb- bzw. Paleo-Ernährung. Hier treffen also zwei extreme Pole aufeinander und die Verwirrung ist perfekt. Eigentlich. Doch ich fand die Lektüre beider Bücher hochinteressant und gewinnbringend und merke gerade an dieser unterschiedlichen Positionierung der Ernährung, wie wichtig es als Verbraucher ist, das eigene Hirn nie auszuschalten und auch den eigenen Empfindungen zu folgen, egal, was die Gurus einem so erzählen. Recht haben sie nämlich beide – aber beide haben sie auch unrecht! Natürlich hat Dr. Greger recht damit, dass Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte unzählig viele Vorteile für die gesunde Ernährung bringen (die Quellenangaben seiner zitierten Studien im Anhang umfassen unglaubliche 100 Seiten!!) – und natürlich hat Shanahan recht damit, dass der Körper seine guten Fette haben will. Beide aber haben auch unrecht, nämlich indem sie die jeweilige Gegenseite ignorieren. Nirgendwo bei Dr. Greger stehen Vorteile von Fleisch/Fisch/Tierischem – er erwähnt sie einfach nicht (klar, sie würden dem, was er soeben über die Nachteile von Fleisch/Fisch/Tierischem erzählt hat, widersprechen). Und natürlich muss Shanahan Kohlenhydrate auf ein Minimum reduzieren, um den Fettanteil der Ernährung höher ansetzen zu können als in der Durchschnittsernährung üblich. Beide Autoren haben einen gewissen Tunnelblick, den müssen sie wohl auch haben aufgrund ihrer Spezialisierung. Aber da frage ich mich immer, ob die jeweiligen Ernährungsformen nicht über lange Sicht zu Problemen führen können. Dr. Greger kommt nie in den Genuss der Nährstofffülle eines Stückes Fleisch oder von Innereien, sättigt sich nie so zufrieden wie durch den Genuss eines fetten Stücks Käse – und muss als Folge davon ständig snacken und Zwischenmahlzeiten knabbern (sein Buch ist üppig gespickt mit Rezepten für Gemüsechips, getrocknetem Obst, geröstetem Krimskrams usw.). Ganz klar dazu passend: Greger hat das Cholesterin auf dem Kieker – vielleicht zu Unrecht, da hier derzeit ja ein gewisser Wandel stattfindet (man lese sich nur einmal den Wikipedia-Eintrag zum Cholesterin durch). Shanahan dagegen isst quasi morgens, mittags und abends Tierisches, möglichst fett, Fleisch, Innereien, Eier, Sahne, Butter, was nur geht… und hat kein Problem mit Cholesterin (Hauptsache, die Triglyceride passen und das HDL). Was sie dafür mit keinem Wort erwähnt: ein zu hoher Konsum von tierischem Eiweiß ab der Lebensmitte (ca. ab 45/50) steht in engem Zusammenhang mit erhöhten Risiken bzgl. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und v.a. Krebs. Krebs überhaupt taucht in ihrem Buch höchstens am Rande auf, während Dr. Greger ihn an allen Ecken und Enden wittert! Eigentlich köstlich, diese Gegenüberstellung der beiden Ansichten! Was ich persönlich wie schon gesagt am wichtigsten finde: den gesunden Menschenverstand nicht aus den Augen verlieren! Natürlich kann man sich auch positionieren, wenn man tatsächlich eine der beiden Richtung absolut präferiert, damit am besten klar kommt, die Blutwerte passen, die Leistungsfähigkeit und Konzentration top ist und – wichtig! – man nichts vermisst! Ich persönlich bleibe auch und gerade nach der Lektüre beider Bücher genussvolle Mischköstlerin, die von allem etwas zu sich nimmt, am wenigsten vom Fleisch/Fisch und wenig von der Milch, aber doch so viel, dass ich keinen Mangel spüre (den spüre ich nach einer Weile tatsächlich, da die Sättigung durch tierisches Eiweiß und Fett einfach eine komplett andere ist als nur durch pflanzliches) und dafür ganz viel aus der Ecke Gemüse, nicht nur weil Dr. Greger dafür einfach unschlagbare Positivstudien liefert. Man kann sich ja im Grunde bei beiden Autoren so bedienen, dass man die jeweiligen Vorzüge einbaut in seine ganz individuelle Ernährung. Und das fast Allerwichtigste: da, wo sich beide Autoren überschneiden und einig sind, kann man im Grunde bedenkenlos zustimmen: beim weitestgehenden Verzicht auf industriell hergestellten Zucker und auf sämtliche Fertigprodukte; beim vorsichtigen Umgang mit Pflanzenölen, die allzu leicht oxidieren und toxisch werden können; bei der Wahl von frischen, ursprünglichen Nahrungsmitteln mit guter Herkunft, Fermentiertem und Gekeimtem, gesunden Getränken. Guter Tipp von Shanahan: am besten gar keine Sachen essen, die es so vor 200 Jahren in der Form oder in dem Ausmaß noch nicht gegeben hat. Dazu eine gute Dosis Sport und Bewegung, guten Schlaf und jede Menge Spaß am Leben. Dazu gehört für mich auch immer offen zu bleiben für andere Meinungen, ruhig auch mal das Buch des „feindlichen“ Gurus zu lesen und darüber nachzudenken, zumindest die andere Meinung kennenzulernen, man muss sie ja nicht gleich übernehmen.
Als Fazit für die Bewertung dieses Buches von Catherine Shanahan vier Sterne, da sie nachdrücklich auf die Gefahren von Zucker und Pflanzenölen (Olivenöl ist ausgenommen) hinweist; die Bewertung einer Low-Carb-Ernährung an sich will ich hier mal außen vor lassen, persönlich bin ich etwas kritisch gegen den übermäßigen Konsum von Tierischem eingestellt und auch bzgl. der Empfehlungen, z.B. Aufschnitt, Gegrilltes oder Geräuchertes bedenkenlos zu verzehren, während Obst nur minimal erlaubt ist; hier tendiere ich mehr zu Dr. Gregers Ansicht. Deshalb ein Stern Abzug. Aber wie gesagt, möge sich hier jeder selbst weitergehend informieren.
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